Das Treffen


Wenn Vergangenheit Gegenwart berührt – ein friedvolles Wiedersehen

Gestern war es also soweit : Ich habe meine erste grosse Liebe wiedergetroffen – nach unglaublichen 30 Jahren. Drei Jahrzehnte, in denen jeder von uns seinen eigenen Weg gegangen ist, und doch war es, als hätten nur ein paar Tage zwischen unserem letzten Treffen und diesem Wiedersehen gelegen.

Wir begrüssten uns mit einer herzlichen Umarmung und auch der Abschied endete so. Dazwischen lagen tiefgehende, interessante und informative Gespräche, die ich noch stundenlang hätte weiterführen können. Er hat mir viel von sich erzählt – offen, ehrlich und aufgeschlossen. Selten habe ich mit einem Menschen so intensiv und auf so vielen Ebenen gesprochen wie gestern mit Läggerli. Wäre da nicht meine Chorprobe gewesen – und für ihn die lange Rückfahrt von fast drei Stunden –, wir hätten wohl bis tief in die Nacht weitergeredet.

Zum Glück blieb vor der Heimfahrt noch etwas Zeit, und so schlug er vor, gemeinsam zu Abend zu essen. Als wir die Menü-Karte bekamen, sah er mich an und meinte lächelnd: „Du bist natürlich herzlich eingeladen. Such Dir aus, was dir Freude macht !“ Eine Geste, die mich berührt hat – weil sie so selbstverständlich und zugleich so aufmerksam war.

Auch von seinem beruflichen Weg hat er mir erzählt: eine steile Karriere, die er jedoch mit einem Burn-out bezahlen musste. Er sprach sehr detailliert darüber – und gerade diese Offenheit hat mich beeindruckt und berührt. Er hat psychisch viel durchgemacht, inklusive einem 6-wöchigen Aufenthalt in der Psychiatrie.

Besonders berührt hat mich auch, dass er sich an unsere letzte Begegnung vor 30 Jahren nicht mehr erinnerte. Für mich war sie so prägend, dass ich sie nie vergessen habe. Als ich ihm davon erzählte, wurde es ihm sichtbar unangenehm – und er entschuldigte sich sogar, drei Jahrzehnte später. Ein kleiner Moment, der mir zeigte, wie unterschiedlich Erinnerungen sein können und wie tief manche Erlebnisse uns durchs Leben begleiten.

Manchmal frage ich mich, wie mein Leben ausgesehen hätte, wenn ich mit ihm zusammengeblieben wäre. Doch diese Gedanken tragen keine Wehmut in sich. Es soll keinesfalls heissen, dass ich mein bisheriges Leben bereue – im Gegenteil. Es ist eher ein stilles Staunen darüber, wie unterschiedlich Wege verlaufen können und wie sie uns doch wieder an einem Punkt zusammenführen.

Trotz der Kürze hat dieses Treffen in mir etwas ausgelöst, das bis heute anhält: ein inneres, friedliches Gefühl. Es ist, als hätte sich ein Kreis geschlossen, als wäre ein kleines Stück Vergangenheit in Harmonie mit der Gegenwart versöhnt worden. Ich empfinde eine angenehme Ruhe, Dankbarkeit und Freude, die noch immer in mir nachklingen.

Natürlich wird daraus nie mehr als eine Freundschaft werden ; das ist und war auch nie das Ziel dieses Treffens – und genau das macht es so wertvoll. Denn es bleibt dieses gute, leichte Miteinander, das keine Erwartungen kennt, sondern einfach im Moment bestehen durfte.

So gehe ich nun weiter – mit einem friedvollen Lächeln im Herzen und grosser Dankbarkeit. Dankbar auch an Läggerli, der die Idee zu diesem Austausch überhaupt erst ins Spiel gebracht hat. Und ich hoffe sehr, dass wir den Kontakt aufrecht erhalten und uns ab und zu wiedersehen – einfach um miteinander zu reden.

2 Kommentare zu “Das Treffen

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