
Immer wieder erwische ich mich bei demselben Gedanken: Sehe ich die Dinge falsch — oder ist es wirklich so, dass ein grosser Teil unserer Gesellschaft erstaunlich unkritisch, ja fast schon kurzsichtig handelt? Ob es um Corona-Massnahmen ging, den Klimawandel, das Gendern, Debatten zur Ukraine oder um Protestbewegungen — vieles erscheint mir so offensichtlich, und doch nehme ich überall Gegenpositionen wahr, die für mich schwer nachvollziehbar sind.
Ein besonders scharfer Punkt ist für mich die Radikalisierung mancher Gruppen. Nehmen wir etwa die Antifa: Aus meiner Sicht verhält sich ein Teil davon nicht wie eine zivilgesellschaftliche Gegenbewegung, sondern wie eine Gruppierung, die Andersdenkende ausschliesst und mundtot machen will. Das ist nicht selten das Gegenteil dessen, was man unter demokratischem Diskurs versteht. Was mit Charlie Kirk passiert ist, hat mich erschüttert. Der Mann wollte debattieren — und wurde erschossen. Warum können Menschen heute nicht mehr einfach streiten, diskutieren, argumentieren? Wieso ist das offene Wort so gefährlich geworden?

Doch die Polarisierung beschränkt sich nicht nur auf Strassenproteste. Sie zieht sich durch Büros, Familien, Freundeskreise und religiöse Gemeinschaften. Ich selbst arbeite in einer kirchlichen Institution — einem Ort, an dem man Offenheit, Dialogbereitschaft und Nächstenliebe erwartet. Stattdessen stosse ich nahezu täglich auf eine merkwürdige Einseitigkeit: Standpunkte werden schnell in schwarz/weiss gegossen, Graubereiche verschwinden, Abweichler gelten oft als Feind. Wer widerspricht, läuft Gefahr, stigmatisiert zu werden.
Auch die politischen Diskussionen in meinem Umfeld sind vielfältig: Bei uns im Büro geht es oft um D.Trump, W. Putin und all die anderen oder auch um die SVP hier in der Schweiz. Ich finde es unfassbar, dass manche sogar meinen, man sollte diese Partei verbieten — ähnlich wie in Deutschland mit der AfD diskutiert wird. Für mich ist das ein Ausdruck davon, wie wenig Vertrauen viele noch in demokratische Prozesse haben. Wenn ich nach meiner Meinung gefragt werde, antworte ich meistens nur mit „kein Kommentar“ — nicht weil ich nichts zu sagen hätte, sondern weil ich weiss, dass eine echte Debatte gar nicht möglich ist.

Und noch etwas verstehe ich nicht: Warum gehen bei uns in der Schweiz Menschen für Palästina demonstrieren? Oder wie ich heute im Radio hörte: Die Schweiz will scheinbar 20 Kinder aus Gaza „retten“ — jedes Kind darf bis zu vier Familienmitglieder mitbringen. Natürlich weiss ich, dass diese Zivilisten nichts für den Krieg können. Aber mal ehrlich: Wir können nicht alle retten. Und mit solchen Symbolaktionen verschiebt man die Probleme nur. Ausserdem haben wir hier in der Schweiz selbst genug Baustellen und Schwierigkeiten. Vielleicht wäre es an der Zeit, endlich einmal im eigenen Land tätig zu werden, bevor man sich anmasst, die ganze Welt retten zu wollen.
Warum ist es so schwer geworden, über all das normal zu sprechen? Ich glaube, es gibt mehrere Gründe:

- Die meisten informieren sich fast nur über Mainstream-Medien. Dort werden Themen oft einseitig dargestellt, und wer nur das konsumiert, übernimmt auch deren Blickwinkel.
- Man sucht Bestätigung. Viele wollen nicht Neues hören, sondern nur das, was ihre Meinung stärkt.
- Alles wird sofort persönlich. Wer eine andere Meinung hat, gilt gleich als Gegner.
- Viele haben Angst, ausgegrenzt zu werden. Wer anders denkt, riskiert Streit, Jobprobleme oder Ablehnung.
Doch genau hier liegt die Chance: Verschiedene Meinungen müssen nicht gleich eine Bedrohung sein. Sie können die Basis für eine echte Diskussion sein. In einem Unternehmen, einem Freundeskreis oder einer kirchlichen Gemeinschaft müsste es möglich sein, dass Menschen ihre Sicht äussern dürfen — ohne gleich abgestempelt zu werden.

Kritik darf laut und deutlich sein, aber sie darf nie entmenschlichen. Wenn wir Menschen in Schubladen stecken wie „dumm“ oder „gestört“, dann vergeben wir die Chance auf wirklichen Dialog. Ich selbst habe oft gezögert, meine abweichende Meinung zu äussern — nicht aus Feigheit, sondern aus Respekt vor meiner Umwelt. Vor allem aber auch, weil ich keine Lust habe, mit meiner Meinung „allein auf weiter Flur“ zu sein, während andere sich nicht trauen, zu sagen, was sie womöglich wirklich denken.
So gesehen gehöre ich wohl selbst auch zu denen, die den Mut nicht immer haben. Und doch wünsche ich mir nichts mehr, als dass wir wieder Räume schaffen — Orte, in denen wir uns nicht feindlich gegenüberstehen, sondern zuhören, streiten, wachsen.
👍🏻👍🏻❤️