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Selbsterkenntnis – zwischen Anspruch und Zufriedenheit

Es gibt Tage, da denke ich, mein Leben ist langweilig.
Dann wieder spüre ich, dass mir das, was ich erreicht habe, eigentlich völlig genügt.

Manchmal frage ich mich, warum ich so vieles anders hätte machen sollen –
und erkenne kurz darauf, dass alles, was gelungen oder gescheitert ist, seinen Sinn hatte.

An manchen Tagen empfinde ich die Welt als ungerecht, hart, gleichgültig.
Und doch bin ich froh, dass ich „einfach“ geblieben bin – echt, nahbar, vielleicht ein bisschen „anders“, aber ich selbst.

Und es gibt Augenblicke, in denen ich mich frage, warum ich gewisse Dinge, die ich eigentlich wollte, am Ende doch nicht oder anders gemacht habe.
Vielleicht, weil mein Weg genau so sein musste, damit ich heute dort stehe, wo ich bin.
Will ich da sein? Muss ich da sein? Und was will ich eigentlich noch erreichen?
Ich weiss es im Moment nicht.

Ich lese hin und wieder in verschiedenen Blogs – einer davon beschäftigt mich immer wieder. Der Verfasser scheint viel erlebt und erreicht zu haben. Er wirkt selbstsicher, manchmal auch provokant, als wolle er mit seinen Worten eine Mauer errichten zwischen sich und der Welt. Und doch schwingt in seinen Texten etwas mit, das mich berührt – vielleicht Frustration, vielleicht auch Einsamkeit.

Manchmal tut er mir sogar leid. Ich habe das Gefühl, dass in ihm viele gute, vielleicht sogar sehr feinfühlige Seiten schlummern, die er aber auf keinen Fall zeigen will. Vielleicht aus Angst, verletzlich zu werden. Vielleicht, weil er gelernt hat, dass Stärke nur in Unabhängigkeit liegt.

Und so frage ich mich oft:
Was ist besser?
Sich egoistisch, unkonventionell, fast gefühllos, mit Ellbogen an die Spitze zu kämpfen – ein Leben „in Saus und Braus“ zu führen –
oder den gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, sich durchzukämpfen und ein einfaches, bescheidenes Leben zu leben?
Kann man sich das überhaupt aussuchen?
Denn je nach Lebensumständen, Herkunft, Verantwortung oder schlichtem Zufall ist der Spielraum manchmal sehr klein –
und Entscheidungen sind oft weniger frei, als man sich das wünschen würde.

Vielleicht gibt es darauf keine Antwort. Vielleicht ist Frustration einfach ein stiller Begleiter jedes Lebensweges – egal, welchen wir wählen.
Und Selbsterkenntnis bedeutet vielleicht, zu erkennen, dass kein Weg vollkommen ist.
Dass Glück kein Dauerzustand ist, sondern in kurzen Augenblicken aufleuchtet – besonders dann, wenn wir aufhören, uns zu vergleichen, und beginnen, uns selbst mit allem Licht und Schatten zu akzeptieren.

Und falls sich jemand in diesen Zeilen wiedererkennt – ja, das ist möglich. Doch ich schreibe bewusst nicht, um wen es sich handelt. Es geht mir nicht um diese Person im Speziellen, sondern um das, was das Lesen der Gedanken eines anderen Menschen in einem selbst auslösen kann.