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Wenn Musik Erinnerungen weckt

Gestern war kein guter Tag. Ich hatte den ganzen Tag über starke Schmerzen und war ungewöhnlich still. Sogar mein Lieblings-Arbeitskollege fragte mich: „Was ist los mit dir? Du bist so ruhig heute.“
Wenigstens war meine Chefin nicht da – das gab mir etwas Raum, den Tag in einem langsameren Tempo zu bewältigen.

Am Abend war ich mit meiner Mutter verabredet. Mein Bruder und mein Neffe waren ebenfalls dort. Wir spielten UNO, assen zusammen, lachten viel – und irgendwie war alles für einen Moment wieder leicht. Erst um Mitternacht machte ich mich auf den Heimweg.

Im Auto lief – wie so oft – Musik.
Am Nachmittag hatte ich Läggerli einen YouTube-Link geschickt, ein Lied, das mich jedes Mal an ihn erinnert. An „damals“. Ich war schon den ganzen Tag über ein wenig nostalgisch gewesen… und als ich das Lied dann im Auto auf der Heimfahrt noch einmal hörte, brach etwas in mir auf.
Ich sass da und Tränen liefen mir über die Wangen, als würde das Herz die Worte übernehmen, die der Mund nicht mehr sprechen kann.

Es wurde mir bewusst, wie stark Musik unser Gemüt beeinflussen kann. Wie sehr wir Lieder mit Menschen oder Zeiten verbinden. Man sagt nicht umsonst: „Das ist unser Lied.“

Wenn ich zurückblicke, habe ich einige solcher Lieder die mich mit „meinen“ Männern verbinden :

Aber es sind nicht nur Menschen, die mit Musik verknüpft sind – es sind auch Situationen.

Während meiner Trennung war es die Instrumental-Version von Shape of My Heart (feat. Dominic Miller), die mich begleitete.
Wenn ich das Requiem von Mozart höre, denke ich sofort an meine Grossmamme. Es war eines ihrer Lieblingswerke – und ich bin manchmal traurig darüber, dass sie nicht mehr da war, als mein Chor es aufführte.

Und Boogie-Woogie?
Sofort sehe ich meinen Vater am Flügel sitzen, wie er einfach drauflos spielte, voller Leichtigkeit und Lebensfreude. Heute tut er das nur noch selten. Doch wenn ich solche Stücke höre, sehe ich ihn ganz klar vor mir – und es wird warm in mir.

Oder wenn ich Rachmaninov – Prelude in C Sharp Minor höre, dann kommt mir augenblicklich meine Lieblingstante in den Sinn. Ich war mit 15/16 jedes Wochenende bei ihr. Und ich habe ganz viele und tolle Erinnerungen an diese Zeit.

Music was my first love, and it will be my last“ von John Miles singt.
Dieser Satz trifft mich tief. Musik verbindet. Musik tröstet. Musik bewahrt Momente, die längst vergangen sind – und schenkt uns die Möglichkeit, sie noch einmal zu fühlen.

Man kann die Zeit nicht zurückdrehen.
Aber mit Musik kann man sich – für einen Herzschlag lang – wieder dorthin träumen.


„Musik ist die Sprache der Erinnerung.
Sie spricht zu dem, was wir nie ganz loslassen.“

Zwischen Meinungsfreiheit und Schweigen – Gedanken aus dem Büroalltag

Ich hab ein super Team. Eigentlich mag ich sie sehr – jeder auf seine Art. Wir verstehen uns gut, lachen viel, helfen einander. Es ist ein gutes Team. Und trotzdem gibt es Momente, in denen ich mich fühle, als sässen wir in zwei verschiedenen Welten.

Heute morgen war so ein Moment.
Das Gespräch drehte sich um Politik – genauer gesagt um „die Rechten“: über die SVP, die AfD, über Trump. Und über all die Menschen, die „so etwas“ wählen. Der Ton war eindeutig – verächtlich, abwertend, manchmal sogar spöttisch. Ich sass daneben, hörte zu und schwieg – wie so oft in solchen Situationen.

Ich bin nicht jemand, der gerne streitet. Auch nicht jemand, der mit Parolen um sich wirft oder Diskussionen provoziert. Doch innerlich spüre ich dann dieses Ziehen – den Wunsch, etwas zu sagen. Zu zeigen, dass nicht alle, die rechts denken, automatisch intolerant, dumm oder menschenfeindlich sind. Dass es dort auch Menschen gibt, die sich einfach Sorgen machen: um Sicherheit, um Werte, um das, was ihnen vertraut ist.

Ich will niemanden bekehren. Ich möchte nur sagen dürfen, dass ich anders denke – ohne dafür verurteilt zu werden. Denn Meinungsfreiheit gilt nicht nur für die, die laut sind, sondern auch für jene, die still bleiben, weil sie spüren: Ihr Schweigen ist ihr Schutz.

Diese extreme Spaltung zwischen den Menschen hat, so scheint es mir, mit Corona richtig begonnen. Damals standen sich Geimpfte und Ungeimpfte plötzlich unversöhnlich gegenüber. Wenn ich daran zurückdenke, wie diskriminierend wir Ungeimpften teils behandelt wurden – unglaublich. Seitdem hat sich dieses „Wir gegen die Anderen“ in so viele Bereiche hineingefressen. Kaum ein Thema bleibt davon verschont.

Vielleicht ist das der Preis, den man zahlt, wenn man in einem Umfeld arbeitet, in dem alle dieselbe Meinung teilen – oder glauben, dass sie es tun.
Und doch: Genau dort, wo Schweigen entsteht, sollten wir anfangen zuzuhören.
Denn Offenheit bedeutet nicht, immer einer Meinung zu sein, sondern einander trotzdem mit Respekt zu begegnen.

Ungeschnittenes Leben – bevor die Musik wieder einsetzt

Manchmal höre ich eine Melodie – und plötzlich sehe ich mich selbst, wie in einem Film. Ich sitze irgendwo, allein, vielleicht an einem Fenster, am Meer oder auf einer Parkbank. Das Licht ist weich, manchmal mystisch, und die Musik legt sich über die Szene wie eine Decke.

Ich denke über mein Leben nach – über Entscheidungen, Zufälle, Begegnungen. Ich frage mich, was ich hätte anders machen können. Wo bin ich zu früh gegangen – und wo zu lange geblieben? In meiner Wahrnehmung ist das der Abspann. Eine leise, traurige Schlussszene. Nur – es ist kein Film. Es ist mein Leben.

In letzter Zeit gibt es oft solche Momente, in denen sich Realität und Vorstellung überlagern. Als würde ich das Geschehen nicht nur erleben, sondern gleichzeitig beobachten – als Zuschauerin meiner eigenen Geschichte. Vielleicht ist das eine Form von Distanz. Vielleicht aber auch der Versuch, dem Moment Bedeutung zu geben.

Manchmal wünsche ich mir, das Leben würde sich wie im Film entwickeln: Die verzweifelte Nachricht, die ich abschicke, würde jemanden dazu bringen, ins Auto zu steigen, loszufahren, anzukommen.
Ein Wort, ein Blick – und alles wäre wieder gut. Doch das Leben folgt keinem Drehbuch. Es schneidet keine Szenen neu, wiederholt keine Dialoge. Es läuft – ungeschnitten, roh, manchmal unvollkommen.

Und trotzdem gibt es diese filmischen Momente. Vielleicht, weil wir in Geschichten denken. Weil wir sie brauchen, um unser Dasein zu ordnen, zu deuten, zu fühlen. Vielleicht ist das unsere Art, Sinn zu finden – indem wir unser Leben wie eine Erzählung betrachten, mit leisen Kapiteln, unerwarteten Wendungen und offenen Enden.

Wenn ich ehrlich bin, mag ich diesen Blick von aussen nicht so. Zu oft werde ich von der Realität eingeholt und erkenne: Das Leben ist kein Film. Und das stimmt mich dann manchmal traurig, weil ich mir in diesen Momenten so sehr ein anderes Leben wünsche – doch es ist mein Leben, und ich muss das Beste daraus machen.

Jede Handlung, ob unscheinbar oder turbulent, ist letztlich Teil der Geschichte – meiner Lebensgeschichte. Und auch wenn manche Phasen traurig wirken, heisst das nicht, dass es wirklich ein Ende ist – vielleicht nur eine Pause, bevor die Musik wieder einsetzt.

Erinnerung an meine Stiefmutter

Heute wäre meine Stiefmutter – die zweite Frau meines Vaters – 73 Jahre alt geworden. Leider ist sie am 4. Januar 2020 nach schwerer Krankheit verstorben. Dieses Datum werde ich nie vergessen, denn es ist zugleich auch der Geburtstag meines Sohnes.

Manchmal fehlt sie mir sehr. Wir hatten ein ausgesprochen gutes Verhältnis. Als ich 17 Jahre alt war, habe ich berufsbedingt ein Jahr lang bei meinem Vater gewohnt – und damit auch bei ihr. Natürlich gab es hin und wieder kleine Reibereien, aber nichts wirklich Nennenswertes. Viel präsenter sind mir die schönen Erinnerungen: die Abende, an denen wir gemeinsam die Serie Emergency Room schauten, oder die langen, tiefgründigen Gespräche, die sich oft bis in die Nacht hinein zogen. Sie hatte immer ein offenes Ohr, und ich konnte mit ihr über vieles reden.

Auch meine Mutter – die ein erstaunlich gutes Verhältnis zu ihr pflegte – und mein Bruder denken mit Wärme und Dankbarkeit an sie zurück. Sie gehörte zu unserem Leben, und wir alle haben sie gern gehabt.

Ihr Wunsch war es, dass an ihrer Beerdigung nur ihr Mann – also mein Vater –, ihre beiden Söhne und ihre Geschwister teilnehmen sollten. Damals hat mich das etwas getroffen, weil ich nicht so recht verstand, warum sie uns nicht dabei haben wollte. Wir haben dann bei mir zuhause, parallel zur Beerdigung, eine Art Ritual gemacht, das meine Tochter leitete. Dort haben wir „allein“ von ihr Abschied genommen. Im Nachhinein war es gut so, denn es gab uns die Möglichkeit, auf unsere eigene, persönliche Weise Abschied zu finden.

Besonders schmerzlich ist für mich der Gedanke an meine beiden Halbbrüder. Sie mussten ihre Mutter schon mit 30 Jahren gehen lassen. Allein die Vorstellung, meine eigene Mutter so früh zu verlieren, erfüllt mich mit Traurigkeit. Auch heute empfinde ich das als eine Horrorvorstellung. Ich wünsche mir von Herzen, dass meine Mama mir noch lange erhalten bleibt.

Mit Dankbarkeit denke ich an die gemeinsame Zeit zurück, mit der Hoffnung, dass sie nun an einem Ort voller Frieden ist. Und in der stillen Verbundenheit spüre ich, dass ihre Liebe bleibt – unsichtbar, aber leuchtend wie ein Licht, das weiter in unseren Herzen brennt.

Wohlstandsverwahrlosung: Wenn Besitz den Sinn ersetzt

Symptome einer saturierten Gesellschaft

Wir leben im Überfluss – und doch mangelt es uns an vielem. Orientierung, Mitgefühl, Sinn. Die Rede ist von Wohlstandsverwahrlosung : einem Zustand, in dem nicht die Armut, sondern der Wohlstand zur Verwahrlosung führt.

Was zunächst paradox klingt, zeigt sich in vielen Facetten unseres Alltags :

  • Anspruchshaltung statt Dankbarkeit
  • Bequemlichkeit statt Engagement
  • Konsum statt Reflexion

Wir verlieren uns im Immer-mehr und Immer-schneller – und damit oft auch den Kontakt zum Wesentlichen.

Wo und wann sind wir falsch abgebogen?

War es, als Bildung zur Ware wurde? Als soziale Medien begannen, unsere Aufmerksamkeit in Sekundenbruchteile zu zerschneiden? Als wir wirtschaftliches Wachstum über soziale Gerechtigkeit stellten? Oder als wir zuliessen, dass in den letzten 30 Jahren alles immer schneller und teurer wurde – nur die Löhne nicht im gleichen Mass stiegen?

Vielleicht war es auch der Moment, als wir begannen, Werte und Traditionen als überholt zu betrachten, statt sie als stabilisierendes Fundament unserer Gesellschaft zu pflegen – als etwas, das uns Halt geben kann. Denn je mehr wir uns materiell absichern, desto mehr scheinen wir ideelle Werte abzubauen – und mit ihnen Halt, Identität und ein gemeinsames Verantwortungsgefühl.

Ein weiteres Symptom ist die permanente Selbstinszenierung. Wir zeigen uns, vergleichen uns, posten Bilder aus unserem Alltag – und verlieren dabei oft den echten Kontakt zueinander. Individualismus, an sich ein Ausdruck von Freiheit, schlägt um in Vereinzelung und Egozentrik. Und ja – ich nehme mich da nicht aus…

Wohlstandsverwahrlosung ist kein persönliches Versagen, sondern ein Spiegel unserer Gesellschaft. Sie zeigt sich dort, wo Menschen keine Herausforderungen mehr erleben, wo alles verfügbar, aber nichts verbindlich ist. Wo Freiheit nicht mehr mit Verantwortung verbunden ist, sondern mit Beliebigkeit verwechselt wird. Und sie trifft nicht nur die, die viel haben – sondern zunehmend auch jene, die unter der Oberfläche des scheinbaren Wohlstands um soziale Teilhabe kämpfen.

Was können wir tun ?

Vielleicht sollten wir mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme und der Frage beginnen:
Was trägt uns wirklich? Was verbindet uns – jenseits von Status, Besitz und Selbstoptimierung?

Ich glaube: Weniger haben, bewusster leben, wieder wissen, wofür wir stehen – das wäre ein Anfang.

Ich will meine Schweiz zurück !

Manchmal frage ich mich ernsthaft: Sehe nur ich, was hier gerade passiert? Während alle über Klimawandel, Gendersternchen und neue Sprachregeln diskutieren, frage ich mich: Wer hat das eigentlich so gewollt? Für mich fühlt sich vieles davon inszeniert und aufgesetzt an – nicht wie eine natürliche Entwicklung, sondern wie ein ideologisches Programm.

Und während wir über all das sprechen (oder besser gesagt: belehrt werden), ist meine Schweiz kaum wiederzuerkennen. Vor 30 Jahren lebten hier rund sechs Millionen Menschen. Heute sind es neun Millionen. Woher kommt dieser enorme Zuwachs – und warum haben wir ihn nicht gestoppt? Gab es je eine ehrliche Debatte darüber, ob das überhaupt gut ist für unser Land?

Ich fühle mich in meinem eigenen Land oft fremd. Ich sehe verschleierte Frauen, Männer in Wüstengewändern – und frage mich: Was ist aus dem geworden, was uns einmal ausgemacht hat? Integration scheint oft einseitig zu sein. Wir passen uns an – andere nicht.

Gleichzeitig wird das Leben für viele hier immer schwieriger. Bezahlbarer Wohnraum? Mangelware. Und wenn es ihn gibt, bekommt man den Eindruck, dass andere zuerst drankommen – Menschen mit fragwürdigem Asylstatus, während Einheimische auf der Strecke bleiben. Das fühlt sich falsch an. Ungerecht.

Wir schuften, zahlen Steuern, rennen im Hamsterrad – und sollen dazu noch schweigen. Keine Kritik, keine Fragen, kein Widerspruch. Wer sich äussert, wird sofort in eine Ecke gestellt.

Ich will meine Schweiz zurück. Eine Schweiz mit klaren Werten, mit Sicherheit, mit Verlässlichkeit. Eine Schweiz, in der nicht alles beliebig wird – sondern in der wir wieder wissen, wer wir sind. Wieder stolz auf unsere Werte, Traditionen und Vorfahren sind.

Wenn wir jetzt nicht aufwachen, verlieren wir nicht nur unser Land – wir verlieren auch uns selbst !

Wenn alles zu viel wird

Ich bin kein Psychologe. Aber ich bin überzeugt, dass Sohnemann in eine Depression geraten ist. Alles in ihm wirkt schwer, müde, ausgebrannt – und das schon lange. Die Corona-Zeit hat bei ihm tiefe Spuren hinterlassen. Er hat die Schule nicht abschliessen können – und seither ist vieles ins Wanken geraten. Für ihn. Für mich.

Vor Kurzem bekam er endlich eine Chance: eine Stelle, die ihm Freude gemacht hat, in der er aufblühte und Anerkennung fand. Zum ersten Mal seit Langem spürte ich wieder Hoffnung in seinem Blick. Doch nach nur zwei Monaten war alles vorbei – wirtschaftliche Gründe, Stellenabbau. Ausgerechnet ihn hat es getroffen. Ein harter Schlag. Für ihn war es, als hätte man ihm den Boden unter den Füssen weggezogen.

Dass er jetzt nicht sofort wieder voller Energie loszieht, sich bewirbt und „alles versucht“, ist für mich verständlich. Es geht nicht um Faulheit. Es geht um Erschöpfung. Um einen tiefen inneren Kampf, den man von aussen oft nicht sieht. Lange Zeit hat er jede Form von psychologischer Unterstützung strikt abgelehnt – wollte „das schon allein hinkriegen“. Erst vor wenigen Tagen, in einem Moment voller Wut und Frustration, hat er zum ersten Mal ausgesprochen: „Ich glaube, ich brauche einen Psychologen.“ Und auch wenn das schmerzhaft war – es war ein ehrlicher Moment. Vielleicht ein Anfang.

Doch viele sehen das nicht – und manchmal fühle ich mich damit ziemlich allein.

Auch finanziell ist die Situation sehr belastend. Sohnemann ist wieder komplett auf meine Unterstützung angewiesen. Die Krankenkassenprämien für uns beide betragen fast 1000 Franken im Monat. Die staatliche Prämienverbilligung wurde uns Anfang Jahr gestrichen – aus Gründen, die sich mir bis heute nicht erschliessen. Dazu kommen laufende Kosten, Steuern, offene Rechnungen – unter anderem von der Autowerkstatt. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie ich das alles stemmen soll. Allein diesen Monat fehlen mir rund 1500 bis 2000 Franken, um grössere Probleme wie Betreibungen zu verhindern.

Rücklagen? Gibt es nicht. Seit der Scheidung war ich finanziell immer auf mich allein gestellt. Ich habe meine beiden Kinder allein (manchmal mit etwas Hilfe von Mama) durchgebracht – ohne Unterstützung vom Ex-Mann, denn er war selbst beim Sozialamt und konnte nichts beitragen. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) hat mir bis zum 18. Lebensjahr der Kinder monatlich je 100 Franken zugesprochen – mehr war nicht drin. Damit musste ich haushalten, rechnen, improvisieren – jahrelang. Und nun stehe ich wieder an einem Punkt, an dem ich einfach nicht mehr weiss, wie es weitergehen soll.

Was viele nicht wissen: Auch wenn Sohnemann volljährig ist, bin ich finanziell für ihn bis zu seinem 25. Lebensjahr verantwortlich. Rechtlich gesehen ist er zwar erwachsen, aber solange er keine abgeschlossene Ausbildung hat, liegt die finanzielle Last weiterhin bei mir. Das bedeutet auch, dass er selbst keine Sozialhilfe beantragen kann – weil zuerst ich aufkommen muss.

Auch Arbeitslosengeld kann er nicht beantragen. Dafür müsste er mindestens ein Jahr lang gearbeitet haben – was er ja aufgrund der Umstände nie konnte. Die Stelle, die er hatte, dauerte nur zwei Monate. Es gibt also keine Auffanglösung, kein Netz, keinen Anspruch. Gleichzeitig verdiene ich selbst gerade so viel, dass ich knapp aus dem System der Sozialhilfe herausfalle – ein paar Franken zu viel, um Anspruch auf Unterstützung zu haben. Es ist, als würde man zwischen zwei Stühlen sitzen – und keiner fängt einen auf.

Auch in meiner Familie kann mich niemand finanziell unterstützen (könnten sie es, würden sie es tun !). Und Claudius – ja, er ist da, und er hat mir in der Vergangenheit schon viel geholfen. Aber ich möchte ihn nicht wieder bitten. Er hat selbst genug Sorgen, die ihn belasten, und ich will nicht zur weiteren werden.

Auch Frank hat mir schon mehrmals geholfen – und dafür bin ich wirklich sehr dankbar. Doch ich möchte ihn nicht erneut um Unterstützung bitten. Zum einen, weil ich spüre, dass ich seine Geduld nicht überstrapazieren will. Zum anderen gehört er zu den Menschen, die glauben, Sohnemann sei einfach nur bequem oder faul. Ich habe mehrfach versucht, ihm zu erklären, dass es tiefer geht – dass es eben keine Frage des Wollens ist, sondern des Könnens. Aber ich habe das Gefühl, er glaubt mir nicht wirklich. Und das tut weh. Es tut meinem Mutterherz weh – weil ich sehe, wie sehr Sohnemann leidet, und weil ich spüre, dass sein innerer Kampf oft verkannt wird.

Ich schreibe das nicht, um zu jammern oder um Hilfe zu erbitten. Aber die Wahrheit ist: Ich bin an einem Punkt, an dem ich Unterstützung annehmen würde – wenn sie von Herzen kommt. Nicht, weil ich es mir wünsche oder leichtfertig darum bitte, sondern weil es im Moment einfach keine andere Möglichkeit sehe. Und wenn sich jemand angesprochen fühlt, würde ich das in grosser Dankbarkeit annehmen.

Ich weiss, dass ich nicht die Einzige bin, der es so geht. Einerseits schreibe ich das in der Hoffnung, vielleicht doch irgendwo einen Weg oder eine Lösung zu finden. Andererseits geht es mir aber auch vor allem darum, nicht zu schweigen. Um sichtbar zu machen, dass es uns gibt – uns, die finanziell und gesellschaftlich am Rand stehen, die oft nicht gesehen werden. Viele vergessen, dass man sich seine soziale Lage nicht immer aussucht. Manchmal geschehen im Leben Dinge, mit denen man nicht rechnet – Ereignisse, die alles durcheinanderbringen. Und das nicht aus eigenem Verschulden. Auch wenn uns manchmal die Kraft fehlt, das laut zu sagen: Wir sind da. Und wir geben nicht auf 💪🏻


Wie heisst es so schön :

Toleranz – aber bitte für alle

Kürzlich stiess ich auf einen Beitrag, der mich zum Nachdenken brachte: Eine heterosexuelle Person wurde zu einem Fest eingeladen – vegan, queer, bunt. Sie fragte sich, ob sie dort willkommen sei. Nicht, weil sie Vorurteile hatte, sondern weil sie den Eindruck bekam, dass sie selbst sich anpassen müsse, ohne mit echter Offenheit rechnen zu können.

Irgendwie hat mich das zum Nachdenken gebracht. Ich beobachte Ähnliches auch anderswo. Etwa, wenn an kirchlichen oder gesellschaftlichen Anlässen nur noch vegetarisch oder vegan gegessen wird – stillschweigend vorausgesetzt, dass alle damit einverstanden sind. Ich habe nichts gegen fleischlose Küche, esse oft selbst so. Aber ich frage mich: Warum wird mir etwas aufgezwungen, was als freiwillige Haltung mehr Wirkung hätte?

Manchmal fühle ich mich als heterosexueller Mensch fast schon diskriminiert – nicht, weil mir etwas genommen wird, sondern weil ich das Gefühl habe, dass meine Sichtweise nicht mehr zählt oder zumindest nicht mehr ausgesprochen werden darf, ohne als „nicht mehr zeitgemäss“ zu gelten.

Was mir dabei auffällt: Zwischen etwa 1970 und 1990 war der Umgang oft entspannter. Menschen wie Elton John, Freddie Mercury oder Boy George wurden für ihr Können bewundert – nicht für ihre Essgewohnheiten oder ihre sexuelle Orientierung, sondern für ihre Kunst, ihre Ausstrahlung, ihre Persönlichkeit. Es war uns schlicht egal, ob jemand schwul war oder Fleisch ass. Der Mensch stand im Vordergrund – nicht das Label.

Und ich glaube: Viele LGBTIQ+ und Queer-Menschen wollen diesen ganzen Hype gar nicht. Sie wollen einfach leben – in Ruhe, mit Respekt, ohne ständig ein Thema zu sein. Genau das wäre echte Gleichberechtigung: wenn es einfach normal ist, verschieden zu sein.

Ein Gedanke beschäftigt mich besonders: Immer wieder liest man den Satz „Uns wurde der Regenbogen gestohlen“. Und irgendwie stimmt das. Der Regenbogen – einst Symbol für Frieden, Vielfalt, Hoffnung – ist heute fast ausschliesslich mit der LGBTIQ+-Bewegung verknüpft. Sobald man ihn in einem Logo oder auf einer Flagge sieht, denkt man automatisch in diese Richtung. Dabei gehört der Regenbogen uns allen. Er steht für Weite, Schönheit, Natur – für das Verbindende, nicht das Trennende.

Toleranz darf keine Einbahnstrasse sein. Sie lebt davon, dass wir Verschiedenheit aushalten – auch da, wo sie uns fremd ist oder unbequem. Es geht nicht darum, dass alle alles gut finden. Es geht darum, dass wir einander zugestehen, unterschiedlich zu leben, zu denken, zu essen, zu glauben oder zu lieben.

Ich akzeptiere Menschen in ihrer Vielfalt. Ich wünsche mir nur, dass auch meine Perspektive Teil dieser Vielfalt sein darf.

Dietrich Bonhoeffer – Ausstellung

Anlässlich des 80. Todestages von Dietrich Bonhoeffer, der am 9. April 1945 starb, lädt das CIDOC zu einer für alle offenen Ausstellung über diese bedeutende Persönlichkeit der Geschichte ein.

Bonhoeffer war Pastor, Theologe und Widerstandskämpfer. Mit Mut und Glauben stellte er sich dem NS-Regime entgegen und hinterließ ein bis heute aktuelles, einflussreiches Werk.

Sein Zeugnis inspiriert bis heute viele Menschen auf der ganzen Welt.



Ich habe schon mehrmals über ihn in meinem Blog geschrieben :
Heute wie damals immer noch aktuell
Sein berühmtes Gedicht
Eine Predigt

Vermissen

Wenn Menschen, die man mag, schweigen, merkt man, wie viel sie einem bedeuten…

Ich vermisse unsere Gespräche vorallem abends, mon cher Monsieur… Seit einiger Zeit schon sind Sie ab dem späteren Nachmittag nicht mehr online und ich habe das Gefühl, dass Sie das bewusst machen. Vielleicht täusche ich micht. Aber seien Sie sich gewiss, dass Ihre abendliche virtuelle Präsenz mir oft fehlt…

Es gibt auch noch jemanden anderen, den ich vermisse. Auch wenn unsere Zeit vorbei ist, schätze ich ihn sehr und seine Wiederkontaktaufnahme hat mich sehr berührt. Die Vertrautheit und Kommunikation sofort wieder da. Whatsapp-Nachrichten und Telefonate waren (sind) toll. Doch seit einiger Zeit ist es weniger geworden. Telefoniert haben wir schon länger nicht mehr – leider.

Die beiden Herren werden sich erkennen – und ihr anderen wisst wohl auch von wem ich rede…. Beide sind 600km und 700km von mir entfernt und doch fühl ich mich ihnen nah… Ich glaub, wenn sie um die Ecke wohnen würden, ginge ich manchmal einfach kurz vorbei. Ob die beiden das überhaupt wollen würden ?

Ich werde mich damit abfinden. Ich bin ja gut darin, vieles hinzunehmen und geduldig zu sein. Wie pflegte meine Grossmamme immer zu sagen : Geduld ist die Tugend der Könige…